Schnelle Hilfe für Flutopfer


Mit verschiedenen Initiativen hat Henry Schein in Deutschland innerhalb kürzester Zeit umfangreiche Sach- und Geldspenden im Wert von rund 65.000 Euro für die von der Flutkatastrophe betroffenen Menschen gesammelt. Davon gingen Sachspenden im Wert von 15.000 Euro an lokale Organisationen in der betroffenen Region. Eine der Organisationen, die Schutzausrüstung und Hygieneprodukte erhalten ist, ist die Caritas Westeifel e.V. Im Interview erzählt Dr. Alexander Knauf, Fluthilfekoordinator des Vereins, wie der Verein die betroffenen Menschen unterstützt und wie die aktuelle Lage vor Ort ist.

HSC-Interview-Sachspende-an-Flutopfer-Dr KnaufHerr Knauf, die Flutkatastrophe hat verheerende Schäden verursache: Viele Menschen haben ihr zuhause und ihre Existenzen verloren. Bitte erzählen Sie uns, wie Sie die Ereignisse wahrgenommen haben.

Die Flut hat die Menschen in unserer Region (Vulkaneifelkreis/Eifelkreis Bitburg-Prüm) in ihrer Intensität sehr unvorbereitet getroffen. Zwar hatten unsere (zumeist kleineren) Flüsse durchaus auch in der Vergangenheit schon höhere Pegelstände erreicht, jedoch nie in diesem Ausmaße – wir hatten z.T. Bäche und Flüsse, die von <1m auf >8m Pegelstand angestiegen sind! Dadurch wurden Häuser geflutet, bei denen niemand damit gerechnet hätte, dass das Wasser bis zu ihnen ansteigt. Gleichzeitig waren die Ortschaften bei uns, anders als bspw. in der Region Ahrweiler, nicht vollständig, sondern immer nur teilweise betroffen, d.h. in unserem Einzugsgebiet befinden sich insgesamt 150, zumeist kleine, Ortschaften mit jeweils 4 - ca. 60 betroffenen Haushalten.

Gekoppelt mit der Fokussierung der medialen Berichterstattung auf Ahrweiler entstand dadurch für Betroffene eine paradoxe (Selbst)Wahrnehmung:
  • Man ist „alleine“ betroffen
  • „Anderswo hat es die Menschen schlimmer getroffen“
Dementsprechend bestand und besteht zum Teil immer noch eine große Scheu, sich Hilfe zu suchen und anzunehmen.

Wie unterstützt Ihr Verein die Betroffenen in der Region?
Wir stehen Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite: wir unterstützen darin, offene Fragen zu klären und Hilfsangebote zu nutzen. Wir können z.B. helfen, Ansprüche zu klären, die entsprechenden Anträge zu stellen, Überblick zu gewinnen über die Vielzahl von Hilfsangeboten, konkret zu prüfen, was ist der nächste Schritt und was ist wann zu tun?

Wir haben unser Team zudem mit Fachleuten verstärkt, die auch konkrete Fragestellungen rund um die aktuelle Situation beantworten können, z.B. mit Archtitekt_innen und Bankfachleuten, aber auch mit Psycholog_innen, für Gespräche über das Erlebte zur Verfügung stehen. Nicht nur heute, sondern auch in Zukunft, denn psychische und seelische Wunden brechen zumeist dann auf, wenn etwas Ruhe eingekehrt ist. Bereits seit Beginn der Katastrophe aber auch in den kommenden Wochen und Monaten werden Caritas-Mitarbeitende in besonders stark betroffenen Dörfern und Städten vor Ort sein, um konkrete Hilfe anzubieten und für Fragen ansprechbar sein.

Sobald die Bundesmittel verfügbar sind, werden wir die Menschen in der Beantragung unterstützen und auch mit eignen Spendenmittel (die wir nachrangig verausgaben müssen) weiterhelfen.

Welche Produkte/Dinge wurden in der ersten Phase dringend gebraucht?
Der „Renner“ waren tatsächlich die Einmal-Zahnbürsten. Auch wenn ich mir selbst bzgl. des Einsatzes selbiger zunächst unschlüssig war, konnte der uns angegliederte mobile Pflegedienst diese sehr gut im Einsatz bei betreuten Senior_innen nutzen da diese z.T. in schwer erreichbaren Ortschaften leben, und kaum Außenkontakt hatten. Hinzu kam, dass bspw. in der Region Prüm der Großteil des Einzelhandels selbst betroffen war und keine Einkaufsmöglichkeiten für Hygieneartikel in direkter Nähe zu finden waren.

HSC-Interview-Sachspende-an-FlutopferHenry Schein hat einige Hygieneprodukte und Schutzausrüstung, wie Masken, Handdesinfektion etc. zur Verfügung gestellt. Wofür konnten die Produkte eingesetzt werden?

Die gelieferten Produkte wurden über unsere Tafel in Prüm sowie den mobilen Pflegedienst an Betroffene in der Region verteilt. Hinzu kam, dass verschiedene Altenhilfeeinrichtungen innerhalb unseres Einzugsgebiets evakuiert werden mussten bzw. vorübergehende Unterkunftsmöglichkeiten benötigten. Hier kamen bspw. die gelieferten Zahnbürsten, Desinfektionsmittel und Handschuhe zum Einsatz. Nicht benötigte Materialien konnten wir an Vereine und Initiativen im Ahrtal weitergeben, um sie dort zum Einsatz zu bringen.

Wie ist die aktuelle Lage? Wie geht es den Menschen vor Ort jetzt?
Die Unwetter-Betroffenheit ist zunehmend unsichtbarer geworden. Offensichtliche Schäden, wie Müll, Trümmer, Schlamm wurden sehr schnell beseitigt, was den Eindruck erweckt, alles sei in Ordnung. Dies sagt jedoch nichts über den inneren Zustand, sowohl der Gebäude als auch vor allen Dingen der betroffenen Personen aus. In den Gebäuden ist immer noch eine große Feuchtigkeit vorhanden, Schimmel hat sich gebildet und etliche, von außen intakt aussehende, Häuser müssen kernsaniert werden. Heizungsanlagen wurden zerstört und können auf die Schnelle nicht instandgesetzt oder ersetzt werden, während gleichzeitig Herbst und Winter vor der Tür stehen.

Die Menschen selbst sind in großer Sorge, wie sie wo in den nächsten Monaten wohnen und wie sie ihre Existenz wiederaufbauen können. Klar sind die Mittel des Bundes angekündigt, aber das ändert leider nichts am grassierenden Handwerker- und Baustoffmangel. Diese materiellen und psychischen Sorgen wahrzunehmen und in der Aufarbeitung zu unterstützen, wird ein zentrales Thema in den nächsten Monaten sein.

Vielen Dank für das Interview!